Änderungen beim Zählverfahren für Kommunalwahlen beschlossen

Am 03.07.2024 hat der Landtag Nordrhein-Westfalen das neue Kommunalwahlgesetz beschlossen. Dieses bringt einige wichtige Änderungen mit sich. Besonders das Zählverfahren wurde angepasst. Was sich ändert.

Was ist ein Zählverfahren?

Ein Zählverfahren, auch Sitzzuteilungsverfahren genannt, ist entscheidend bei Wahlen. Es sorgt dafür, dass die Stimmen auf die Sitze im Rat oder Kreistag verteilt werden. Aktuell wird in NRW das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren genutzt. Dieses bevorzugt Kleinstparteien, Wählergemeinschaften und Einzelbewerber. Dadurch kann eine Stimme für eine kleine Partei fast doppelt so viel zählen wie eine für eine große Partei.

Dieses Verfahren ist ein „Divisorverfahren mit Standardrundung“. So funktioniert es:

  1. Zuerst berechnen wir einen Divisor. Dazu teilen wir die gesamten gültigen Stimmen durch die Anzahl der zu vergebenden Sitze.
  2. Dann teilen wir die Stimmen jeder Partei durch diesen Divisor.
  3. Die Summe der Zahlen vor dem Komma ergibt die ersten Sitze.
  4. Wenn noch Sitze übrig sind, werden diese an die Parteien mit den höchsten Nachkommastellen vergeben.

Was ändert sich?

Das neue Zählverfahren zielt darauf ab, diese Ungerechtigkeit zu beheben. Es verteilt die Sitze fairer und vermeidet die übermäßige Bevorzugung kleiner Parteien. Hier sind die wichtigsten Änderungen:

  • Die Sitze werden nun nach dem Idealanspruch verteilt. Das bedeutet, jede Partei erhält zuerst die Sitze, die ihrer Stimmenzahl entsprechend fair sind.
  • Die restlichen Sitze werden dann nach dem höchsten prozentualen Rest verteilt. Dabei wird der relative Abstand zum Idealanspruch berücksichtigt.
  • Das neue Verfahren ist ein Ausgleich zwischen den bisherigen Vorteilen für Kleinstparteien und den möglichen Vorteilen für große Parteien.

Warum ist das wichtig?

Das neue Zählverfahren sorgt für eine gerechtere Verteilung der Sitze im Rat oder Kreistag. Es stellt sicher, dass keine Partei oder Einzelbewerber übermäßig bevorzugt wird. Dadurch zählt jede Stimme gleich viel und die Wahlergebnisse spiegeln den tatsächlichen Wählerwillen besser wider.

Welche Auswirkungen hat das neue Zählverfahren?

Proberechnungen mit den Ergebnissen der Kommunalwahl 2020 zeigen, dass kleine Parteien oder Einzelbewerber in einigen Kommunen Sitze verlieren könnten. Parteien mit mehr Stimmen könnten hingegen zusätzliche Sitze gewinnen. Insgesamt führt das neue Verfahren zu einer höheren Erfolgswertgleichheit. Es sorgt also dafür, dass jede Stimme gleich viel Einfluss hat.

Beispiel

Wahlergebnis

Angenommen, bei einer Kommunalwahl gibt es insgesamt 31 Sitze zu vergeben. Die Parteien haben die folgenden Stimmen erhalten:

  • SPD: 720.257 Stimmen
  • CDU: 323.524 Stimmen
  • Grüne: 257.466 Stimmen
  • AfD: 213.138 Stimmen
  • FDP: 144.392 Stimmen
  • Wählergruppe I: 58.212 Stimmen
  • Wählergruppe II: 30.103 Stimmen

Berechnung der Sitze nach dem neuen Zählverfahren

  1. Schritt: Berechnung des Idealanspruchs
ParteiStimmenIdealanspruch
SPD720.25712,780
CDU323.5245,741
Grüne257.4664,568
AfD213.1383,782
FDP144.3922,562
Wählergruppe I58.2121,033
Wählergruppe II30.1030,534
  1. Schritt: Verteilung der Sitze anhand der Idealansprüche (ganze Zahlen) und prozentualer Reste
ParteiSitze (ganze Zahlen)Prozentualer RestVerbleibende SitzeGesamt
SPD120,983113
CDU50,95716
Grüne40,91415
AfD30,94614
FDP20,85402
Wählergruppe I10,51701
Wählergruppe II00,53400

Gesamt: 31 Sitze

Vergleich

  • SPD: erhält in beiden Verfahren 13 Sitze.
  • CDU: erhält in beiden Verfahren 6 Sitze.
  • Grüne: erhalten in beiden Verfahren 5 Sitze.
  • AfD: erhält in beiden Verfahren 4 Sitze.
  • FDP: erhält in beiden Verfahren 2 Sitze.
  • Wählergruppe I: erhält in beiden Verfahren 1 Sitz.
  • Wählergruppe II: erhält im alten Verfahren 1 Sitz, im neuen Verfahren keinen Sitz.

Das neue Verfahren sorgt für eine fairere Verteilung der Sitze. Es stellt sicher, dass der prozentuale Rest der Stimmen besser berücksichtigt wird. So wird verhindert, dass Kleinstparteien übermäßig bevorzugt werden.

Rechner für das neue Zählverfahren nach Idealanspruch in NRW

Mit diesem Rechner wird zunächst der Idealanspruch jeder Partei berechnet, indem die Stimmen der Partei durch die Gesamtzahl der Stimmen geteilt und dann mit der bereinigten Gremiengröße multipliziert werden. Die Parteien erhalten zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen (abgerundeter Idealanspruch). Danach werden die restlichen Sitze in der Reihenfolge der höchsten Verhältnisse zwischen dem Idealanspruch und dem auf die nächste ganze Zahl aufgerundeten Idealanspruch (prozentualer Rest) verteilt. Die Reihenfolge der Parteien wird nach der Anzahl der erhaltenen Sitze sortiert.

Sitzverteilung nach neuem Zählverfahren




Fazit

Das neue Zählverfahren für Kommunalwahlen in NRW bringt mehr Gerechtigkeit in die Verteilung der Sitze. Es stellt sicher, dass keine Partei übermäßig bevorzugt wird und jede Stimme gleich viel zählt. Diese Änderung ist ein wichtiger Schritt hin zu faireren Wahlen in NRW.